IT: Welche europäische Alternativen es zu Software und Diensten aus den USA gibt
Wie teuer werden IT-Dienste und Software aus den USA für europäische Unternehmen? Die von Donald Trump angekündigten neuen Zölle und die mögliche Digitalsteuer als die Antwort Europas könnten erhebliche Auswirkungen haben und sorgen dementsprechend für Verunsicherung bei vielen Firmen. Lohnt sich der Umstieg auf europäische Lösungen?

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Inhaltsverzeichnis
- Europäischer Cloud-Anbieter verspricht einfachen Umstieg
- Betriebssystem: Es muss nicht immer eine Software von Microsoft sein
- Office-Software: Microsoft-Alternative ein wenig gewöhnungsbedürftig
- Grafik ohne Cloud-Zwang
- Freie Grafik für Profis
- Sicherheitssoftware made in EU: von Antivirus bis Kollaboration
- Kommunikation: Es muss nicht immer Whatsapp sein
- KI-Alternativen zu ChatGPT und Co.
- Browser und E-Mail-Clients
Die transatlantischen Handelsbeziehungen stehen unter Druck. US-Präsident Donald Trump hat im April 2025 ein umfassendes Zollpaket verkündet, das wie ein Damoklesschwert über der europäischen Wirtschaft schwebt. Die EU stellt Gegenzölle in den Raum, was zu einer weiteren Verunsicherung der Wirtschaft – auch in Deutschland – beiträgt. Das gilt insbesondere im Bereich der IT und Software.
Die Preise für US-Software und -Dienste könnten steigen, was zu höheren Betriebskosten für europäische Unternehmen führen würde. Zudem ist zu erwarten, dass Unsicherheiten im Hinblick auf die Datenschutz-Compliance entstehen, vor allem wenn US-Unternehmen unter dem Druck der neuen Maßnahmen ihre Datenschutzpraktiken ändern. Der Einsatz europäischer oder zumindest Open-Source-basierter Alternativen zu US-Lösungen wird daher in vielen Unternehmen bereits diskutiert.
Europäischer Cloud-Anbieter verspricht einfachen Umstieg
Viele – auch kleinere – Unternehmen speichern ihre Daten mittlerweile in der Cloud und nutzen dazu die Dienste von US-Unternehmen. Eine europäische Alternative ist zum Beispiel Scaleway, ein europäischer Cloud-Anbieter mit Rechenzentren in der EU. Ein zentrales Angebot ist der Object Storage, der vollständig mit dem Amazon-S3-Protokoll kompatibel ist. Das ermöglicht es Unternehmen, bestehende Anwendungen ohne großen Anpassungsaufwand zu migrieren.
Ebenso unterstützt Scaleway Cloud-native Anwendungen, was individuelle Bedürfnisse bestimmter Sparten abzudecken hilft. Der Dienst bietet Multi-AZ-Resilienz (Availability Zones). Da das Datenhosting auf unterschiedliche physische Zonen aufgeteilt werden kann, ist dadurch eine hohe Verfügbarkeit der Daten gewährleistet.
Als europäischer Anbieter unterliegt das Unternehmen den strengen Datenschutzbestimmungen der EU, was insbesondere für Unternehmen mit sensiblen Daten von Vorteil ist. Eine intuitive Benutzeroberfläche und umfassende Dokumentation sollen Entwickler bei der Implementierung und Verwaltung ihrer Cloud-Infrastruktur unterstützen. Künstliche Intelligenz lässt sich ebenfalls integrieren, Anwender sind dabei nicht auf ein bestimmtes Modell festgelegt. Das bedeutet, dass beispielsweise auch Modelle des Forschungsprojekts OpenGPT-X oder Le Chat von Mistral aus Frankreich genutzt werden können. Zudem bietet Scaleway einen 24/7-Support, der auch kleineren Unternehmen schnelle Hilfe bei technischen Fragen ermöglichen soll.
Betriebssystem: Es muss nicht immer eine Software von Microsoft sein
Wer beim Betriebssystem nicht länger auf die Software von Microsoft setzen will, hat dazu die Möglichkeit. Verschiedene europäische Linux-Distributionen wie Ubuntu (UK), Debian (international) oder openSuse (Deutschland) bieten stabile und sichere Alternativen zu Windows. Der Umstieg auf Linux bedeutet allerdings eine gewisse Umstellung. Programme, die unter Windows selbstverständlich sind – etwa Microsoft Office oder Adobe Photoshop – stehen auf Linux nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Es gibt zwar Alternativen wie LibreOffice und Co., die unterscheiden sich jedoch teilweise in der Bedienung und im Funktionsumfang.
Manche Windows-Programme, falls es dazu dann keine anwendungsspezifische Alternative gibt, lassen sich mithilfe von Tools wie Wine oder über virtuelle Maschinen betreiben. Im Server-Sektor, vor allem im Web- und File-Hosting, wird Linux bereits seit geraumer Zeit eingesetzt. Beim Desktop allerdings tut es sich meist noch etwas schwer. Distributionen wie Ubuntu, die mit einer besonders anwenderfreundlichen Nutzeroberfläche aufwarten, könnten dies allerdings ändern. Insbesondere in kleineren Unternehmen, in denen auf standardisierte Software und nicht spezielle Branchenlösungen gesetzt wird, kann Linux auf den Arbeitsplätzen eine sichere, günstige und auch performante Alternative sein.
Office-Software: Microsoft-Alternative ein wenig gewöhnungsbedürftig
Eng verbunden mit vielen Desktops in Büros ist eine Office-Anwendung. LibreOffice ist ein freies Office-Paket, das als Alternative zu Microsoft Office entwickelt wurde und dessen grundlegende Funktionen weitgehend abdeckt. Es umfasst Anwendungen für Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentationen, Datenbanken und Zeichenprogramme.
In der Oberfläche und im Funktionsumfang erinnert LibreOffice stark an frühere Versionen von Microsoft Office, was den Einstieg für viele Nutzer erleichtern dürfte. LibreOffice verwendet das Open Document Format (ODF) Standard, kann aber auch mit den gängigen Microsoft-Formaten wie .docx, .xlsx oder .pptx umgehen – wenngleich der Austausch nicht immer hundertprozentig fehlerfrei verläuft, vor allem bei komplexen Layouts oder Makros.
Im Gegensatz zu Microsoft Office ist LibreOffice vollständig kostenlos und quelloffen. Es benötigt keine Lizenz und wird von einer aktiven Community stetig weiterentwickelt. Für viele Privatanwender und auch Organisationen, die auf kostenintensive Software verzichten wollen, bietet es damit eine funktionale Lösung. In größeren Unternehmen kann der Einsatz jedoch von zentralen Anforderungen wie der Integration in bestehende Microsoft-Dienste, Makrokompatibilität oder dem Bedarf an professionellem Support abhängen. Auch wenn die Benutzeroberfläche von LibreOffice weniger modern und teilweise weniger intuitiv wirkt, erfüllt es dennoch alle grundlegenden Anforderungen an eine Bürosoftware.
Grafik ohne Cloud-Zwang
Gimp ist ein freies Bildbearbeitungsprogramm, das sich funktional mit Adobe Photoshop vergleichen lässt. Es bietet umfangreiche Werkzeuge für Retusche, Compositing und grafisches Design. Obwohl die Benutzeroberfläche und viele Funktionen stark an Photoshop erinnern, unterscheidet sich Gimp in bestimmten Aspekten, etwa im Umgang mit CMYK-Farbräumen oder in der professionellen Druckvorstufe, wo es nicht ganz an den Industriestandard heranreicht.
Für viele kreative Anwendungen im Webdesign, bei der Fotobearbeitung oder für digitale Illustrationen ist Gimp mehr als ausreichend. Die Erweiterbarkeit durch Plug-ins sowie die Möglichkeit, eigene Skripte zu integrieren, macht es besonders für technisch versierte Anwender interessant. Während Photoshop über ein tiefer integriertes Ökosystem und native Cloud-Funktionen verfügt, punktet Gimp mit völliger Kostenfreiheit und offener Entwicklung.
Freie Grafik für Profis
Scribus ist hingegen eine Open-Source-Alternative zu professioneller Desktop-Publishing-Software wie Adobe InDesign. Es eignet sich für Layout-Arbeiten wie Broschüren, Flyer, Magazine oder auch Bücher. Die Anwendung bietet präzise Kontrolle über Typografie, Seitenlayouts und Druckvorbereitung, inklusive Unterstützung für PDF/X-Standards und Farbmanagement.
Im Vergleich zu InDesign fällt die Benutzerführung von Scribus technischer aus, was eine gewisse Einarbeitungszeit voraussetzt. Dennoch erfüllt Scribus viele Anforderungen des professionellen Publishing-Alltags, insbesondere wenn keine Integration in die Creative Cloud notwendig ist. Die Stärke von Scribus liegt klar in der Offenheit des Formats, der Plattformunabhängigkeit und der Möglichkeit, kostenneutral hochwertige Druckvorlagen zu erstellen.
Sicherheitssoftware made in EU: von Antivirus bis Kollaboration
Schutz vor Viren, Trojanern und anderen Bedrohungen versprechen Antiviren-Programme oder für umfassendere Anwendungen sogenannte Cyber Security Suites. Mit Eset, Bitdefender und G Data haben interessierte Unternehmen gleich eine kleine Auswahl von Anbietern von Lösungen, die vom Kleinbetrieb bis hin zu Enterprise-Applikationen skalieren. Allen ist gemeinsam, dass sie ihre Software in der EU entwickeln und ihre Cloud-Dienste auf europäischen Servern hosten.
Doch Sicherheit erstreckt sich nicht nur auf die IT-Umgebung, sondern auch auf die Kommunikation. In Microsoft-dominierten Arbeitsumgebungen wird sehr gerne Teams verwendet. Dieser Microsoft-Dienst lässt sich größtenteils durch Stackfield substituieren. Stackfield ist eine deutsche Plattform für Kommunikation, Projektmanagement und Zusammenarbeit. Sie wurde mit besonderem Fokus auf Datenschutz und Sicherheit nach der EU-DSGVO (EU-Datenschutzverordnung) entwickelt.
Stackfield bietet Funktionen wie Teamchats, Videokonferenzen, Aufgabenverwaltung, Kanban-Boards und gemeinsame Dokumentenbearbeitung in einem zentralen System. Darüber hinaus bietet die Kommunikationslösung Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, bei der sämtliche Inhalte – inklusive Nachrichten, Dateien und Aufgaben – direkt im Browser verschlüsselt werden. Stackfield selbst hat dabei keinen Zugriff auf Nutzerdaten.
Für die Zusammenarbeit lassen sich Aufgaben planen, priorisieren und im Team verfolgen. Whiteboards, Wikis und gemeinsame Dokumente sollen die inhaltliche Zusammenarbeit fördern. Auch Projektzeitpläne, Berichte und Rollenrechte lassen sich flexibel verwalten. Die Benutzeroberfläche ist klar und funktional, auch für weniger technikaffine Anwender gut zugänglich. Stackfield kann sowohl in der Cloud als auch lokal (on-premise) betrieben werden, was besonders für Organisationen mit hohen Sicherheitsanforderungen relevant ist.
Kommunikation: Es muss nicht immer Whatsapp sein
Threema, ein in der Schweiz entwickelter Messenger-Dienst, legt besonderen Wert auf Datenschutz und benötigt keine Telefonnummer zur Registrierung, ist aber nicht so weit verbreitet wie Whatsapp.
Interessant könnte eine aktuelle Entwicklung aus Deutschland werden: Volla Messages ist eine neue datenschutzfreundliche Messenger-Alternative zu Whatsapp und Telegram, die aktuell in einer öffentlichen Beta-Version verfügbar ist. Die App kommt ohne zentrale Server aus und erfordert keine Registrierung. Sie ist plattformübergreifend nutzbar (Android, Windows, Linux, macOS) und bietet verschlüsselte Kommunikation mit Fokus auf Sicherheit, Transparenz und digitale Unabhängigkeit.
KI-Alternativen zu ChatGPT und Co.
Auch bei KI-Assistenten lassen sich Lösungen aus den USA oder aus China umgehen. Le Chat ist eine europäische Alternative und legt besonderen Wert auf Datenschutz und Transparenz. Mit seiner breiten Funktionalität und dem Fokus auf Benutzerfreundlichkeit eignet sich Le Chat für eine Vielzahl von Anwendungsbereichen, von kreativen Projekten bis hin zu geschäftlichen Aufgaben.
Le Chat ist ein KI-gestützter Assistent des französischen Unternehmens Mistral AI, der seit Februar 2024 verfügbar ist. Zu seinen Funktionen gehören die Generierung von Texten, Code und Bildern, die Durchführung von Datenanalysen sowie die Erstellung von Visualisierungen. Besonders hervorzuheben ist die Fähigkeit, komplexe Datensätze zu interpretieren und bei der Entwicklung von Vorhersagemodellen zu unterstützen. Darüber hinaus kann Le Chat Informationen aus dem Internet abrufen, um aktuelle und zuverlässige Antworten zu liefern.
Die Plattform ist sowohl über den Browser als auch als mobile App für iOS und Android zugänglich. Es gibt eine kostenlose Version mit eingeschränktem Zugriff sowie ein kostenpflichtiges Pro-Abonnement, das erweiterte Modelle, unbegrenzte Nachrichten und Websuche bietet.
Browser und E-Mail-Clients
Bei Browsern nutzen bereits viele Anwenderinnen und Anwender Firefox. Dabei handelt es sich um einen freien Webbrowser, der von der Mozilla Foundation entwickelt wird und sich als datenschutzfreundliche Alternative zu Google Chrome oder Microsoft Edge etabliert hat. Im Gegensatz zu vielen anderen großen Anbietern basiert Firefox nicht auf kommerziellen Interessen oder Werbeeinnahmen, sondern verfolgt einen gemeinnützigen Ansatz, der die Privatsphäre der Nutzer in den Mittelpunkt stellt.
Bereits im Standard liefert Firefox integrierte Tracking-Blocker, Schutz vor Fingerprinting und eine klare Kontrolle über Cookies und Website-Berechtigungen. Die Benutzeroberfläche ist schlank und individuell anpassbar. Erweiterungen und Themes lassen sich einfach integrieren, wodurch sich der Browser flexibel auf persönliche Vorlieben und Arbeitsweisen abstimmen lässt. Auch in puncto Geschwindigkeit und Kompatibilität steht Firefox den großen Chromium-basierten Konkurrenten kaum nach. Regelmäßige Updates sorgen für Sicherheit, neue Funktionen und eine kontinuierlich verbesserte Nutzererfahrung.
Passend dazu ist Thunderbird verfügbar, ein kostenloser, quelloffener E-Mail-Client, der von der Mozilla-Community entwickelt wird und sich als datenschutzfreundliche Alternative zu kommerziellen Anwendungen wie Microsoft Outlook oder Apple Mail positioniert. Der Fokus liegt auf Sicherheit, Kontrolle und individueller Anpassbarkeit. Thunderbird unterstützt alle gängigen E-Mail-Protokolle wie IMAP, POP3 und SMTP und ermöglicht damit die Nutzung nahezu jeder E-Mail-Adresse, unabhängig vom Anbieter. Neben E-Mail-Funktionen bietet Thunderbird auch einen integrierten Kalender, Aufgabenverwaltung, ein Adressbuch sowie die Möglichkeit, mehrere Konten parallel zu verwalten. Für Nutzer mit hohen Anforderungen an Organisation und Übersicht ist das besonders hilfreich. Auch Verschlüsselung wird unterstützt: Durch die Integration von OpenPGP lassen sich E-Mails direkt im Client verschlüsseln und signieren – ohne zusätzliche Software.
Ein großer Vorteil von Thunderbird: E-Mails, Kontakte und Termine können auf Wunsch ausschließlich auf dem eigenen Rechner gespeichert werden, ohne zentrale Cloud-Anbindung. Das macht die Anwendung besonders attraktiv für datensensible Anwendungen.